Montag, 16. August 2010

Kurze Beschreibung der gegenwärtigen Situation

Die Wohnungsbaugesellschaft Bosch plant einen Siedlungsbau in der Arbeitersiedlung Gmindersdorf, die Vorraussetzung dafür ist, dass Teile der Gmindersiedlung abgerissen werden.
Betroffen sind Gebäudegruppen, die von 1950 bis 1952 von dem bedeutenden Städtebauer und Architekt der Stuttgarter Schule Helmut Erdle gebaut wurden und die bisher noch nicht, wie die übrige Siedlung, unter Denkmal- oder Ennsembleschutz stehen.



Bislang sind die zuständigen Behörden davon ausgegangen oder haben es so dargestellt, dass es sich bei dem Bebauungsgebiet um ein angrenzendes Gebiet zu der Arbeitersiedlung Gmindersdorf handelt.
Zusammen mit einigen Bürgern und Fachleuten haben Recherchen allerdings ergeben, dass es sich keineswegs, wie dargestellt um eine Randbebauung handelt, sondern dass die vom Abriss bedrohten Häuser  tatsächlich ein Teil des homogenen Siedlungswerks Gmindersdorf bilden, das in einem Zeitraum von 50 Jahren von der Firma Gminder in Auftrag gegeben wurde.
Eine vergleichbare Siedlung wäre die AEG-Arbeitersiedlung Henningsdorf, die schon 1993 komplett unter Denkmalschutz gestellt wurde. Die Stadt Reutlingen begründet die Bebauung in "Nachbarschaft"(!) damit, dass die bestehenden Gebäude marode seien. Wir meinen, dass Sanierungen bei jedem Haus nach 60 Jahren normal und notwendig sind.
Ein Zitat der Architekten: "Die neue Wohnsiedlung bildet eine selbsbewusste Zäsur zwischen den Wohnzeilen der 1950er und 1960er Jahren und den Doppelhäusern des Gmindersdorfs." 
Hier würden aber zusammengehörende und aneinander angepasste Strukturen außeinander gerissen ohne, dass man deren Zusammengehörigkeit überhaupt zur Kenntnis genommen hätte.
 Hier sieht man die von 1905 stammende Pauszeichung der Werksiedlung Gmindersdorf in die peu a peu alle danach entstandene Siedlungserweiterungsgebäude eingezeichnet wurden.


                                                                             

Erdles Wohnhäuser setzen - selbstverständlich - nicht einfach den Baustil der Werkssiedlung fort; sie tragen den Gegebenheiten und Notwendigkeiten der 50er Jahre Rechnung und respektieren die Siedlung sowohl hinsichtlich des Abstandes, den sie zu dieser einhalten als auch der Gebäudehöhe. Es handelt sich um eine Bebaung, welche ein eigenes Gesicht hat und der denkmalgeschützten Siedlung - im übertragenen wie auch im wörtlichen Sinne - nicht zu nahe tritt. Im Gegenteil: Die Erweiterung der Siedlung griff konkrete Gestaltungsmerkmale derselben auf. Beispielhaft genannt sei die Biberschwanzdeckung, die Fensterläden, Putz- und Farbgestaltung, Dachgauben, Rundbogenfenster, Holzverkleidung, optische Wierderholung der Staktenzäune an den Balkonverkleidungen. In dem Zitieren solcher Details ist trotz dem übrigen abweichender Bauweise ein behutsamer Umgang mit der Siedlung zu sehen, ganz im Sinne der Stuttgarter Schule, zu deren Prinzipien gehört, sich an baulichen und landschaftlichen Gegegebenheiten zu orientieren.   

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